Landtagswahl am 21. September 2003

In Bayern droht erstmals in einem deutschen Parlament eine 2/3 Mehrheit




Recherche von Angela Böhm aus der Münchner Abendzeitung vom 16.09.2003 im Original-Artikeltext zur 2/3-Mehrheit
 



Am 21.08.03 werden die Abgeordneten des Bayerischen Landtags gewählt und es droht eine 2/3-Mehrheit der CSU

Die CSU würde, soweit die jetzigen Prognosen eintreffen, eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Sitze im bayerischen Landtag erringen (über 120 von 180 Sitzen). Kaum ein Wähler oder eine Wählerin weiß dies bis jetzt. Auch die Medien sind bisher kaum auf das Thema eingegangen. Die meisten WählerInnen glauben irrtümlicherweise, dass eine 2/3-Mehrheit erst bei 66,6 Prozent CSU-Anteil erreicht ist. Dies ist jedoch nicht der Fall: Bereits nach der jetzigen Prognose, nach der die CSU 61 Prozent erreicht, bekommt sie im Parlament mindestens 2/3 der Sitze. Diese erdrückende Mehrheit einer Partei hätte zur Folge, dass die Regierung praktisch nicht mehr kontrollierbar wäre, die demokratische Kontrolle wäre lahm gelegt. Es ist bei dieser Wahl deshalb besonders wichtig, SPD zu wählen. Wer nicht wählen geht oder kleine Splitterparteien unterstützt, lässt seine Stimme ungenützt und stärkt so die Macht der CSU. Eine Zweidrittel-Mehrheit hat es in einem demokratischen, deutschen Parlament noch nie gegeben!


Wie wirkt sich eine Zweidrittel-Mehrheit aus?

Die CSU könnte durchsetzen, dass Parlamentssitzungen (z.B. bei für sie unangenehmen Punkten) unter Ausschluss der Öffentlichkeit und somit auch der Presse stattfinden. Auch Untersuchungsausschüsse könnten an den für die Mehrheit kritischen Stellen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, wenn die CSU es beschließt. Ausschuss-Vorsitzende könnten leichter abgesetzt werden. Untersuchungsausschüsse können somit praktisch lahm gelegt werden. Bei Landtagsausschüssen könnte die CSU unliebsame Vorsitzende leichter absetzen.


Eine 2/3-Mehrheit ist eine "verfassungsändernde Mehrheit" - Was bedeutet das?

Bei Änderungen der Verfassung würde es bei einer 2/3-Mehrheit der CSU im Parlament keinen Zwang zu Kompromissen mehr geben. Um eine Verfassungsänderung durch das Parlament auf den Weg zu bringen, ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Hätte die CSU diese Zwei-Drittel-Mehrheit, könnte sie alleine eine Verfassungsänderung auf den Weg bringen, bevor sie dem Volk zur Entscheidung vorgelegt wird. Auf der anderen Seite hat die Opposition keine Möglichkeit mehr, Verfassungsänderungen in Verhandlungen mit der Parlamentsmehrheit und der Regierung durchzusetzen. So wäre zum Beispiel die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung sicher nicht mit einer 2/3-Mehrheit der CSU zu Stande gekommen. Schließlich hat die SPD im Landtag bewirkt, dass Kinderrechte nun fest in der Bayerischen Verfassung verankert werden sollen. Und auch das jetzt am 21. September ebenfalls zur Annahme anstehende Konnexitätsprinzip würde für die Kommunen wesentlich schlechter aussehen als jetzt.





Recherche von Angela Böhm aus der Münchner Abendzeitung vom 16.09.2003 im Original-Artikeltext zur 2/3-Mehrheit

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