Landtagswahl am 21. September 2003



Wahlprüfsteine 2003

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Fragen nach Vorgabe der Lindauer Zeitung an die Landtagsabgeordnete Heidi Lück





Warum sind Sie Politikerin geworden?

Durch eigenes Erleben habe ich erkennen müssen, dass manche politischen Rahmenbedingungen ungerecht und überholt sind. Deshalb habe ich mich politisch engagiert und auch versucht, verstärkt Frauen zur Mitarbeit und für Kandidaturen zu gewinnen. Irgendwann wurde ich dann gebeten, selbst zu kandidieren und das tat ich dann auch, vor allem um dort, wo es möglich ist, die Strukturen von innen heraus zu ändern. Eben nicht nur schimpfen sondern die Probleme selber mit anpacken.


Was wollen Sie als Landtagsabgeordnete gegen die hohe Arbeitslosigkeit tun?

Die Möglichkeiten einer einzelnen Abgeordneten sind eher gering. Ich setze mich für phantasievollere Arbeitszeitmodelle, Bürokratieabbau und Rahmenbedingungen ein, welche die Ansiedlung von Gewerbe und Handwerk erleichtern. Da für mich gute Bildung und Ausbildung die Grundvoraussetzung für den späteren beruflichen Erfolg sind, trete ich für eine bessere Bildungspolitik, speziell auch in Bayern, ein. Leider hat der Pisa-Schock nicht lange angehalten, denn anstatt notwendige Maßnahmen anzugehen, wird weiter gepfuscht. Bildung muss in einem Guss gestaltet werden, beginnend im Kindergarten durch altersgemäße Förderung in kleinen Gruppen. Im Schulbereich müssen die Rahmenbedingungen den Herausforderungen angepasst werden: kleinere Klassen, kein Stundenausfall und individuell notwendige Förderung. Bildungsgerechtigkeit und Bildungschancen für alle muss unser Ziel sein. Wer hier spart, zahlt später mehrfach darauf.


Sie wollen unsere Frau in München bleiben: Was wollen Sie im Landtag speziell für den Landkreis Lindau erreichen?

Der Landkreis ist nicht nur ein touristisches Highlight, sondern auch wirtschaftlich, im 3-Länder-Eck gelegen, hoch interessant. Diese beiden Standbeine gilt es auszubauen. Das Zusammenwachsen der Region muss gerade auch im Landkreis Lindau sowohl nach außen als auch nach innen stärker gelebt werden, nicht nur im ideellen Bereich sondern auch verkehrsmäßig (Schiene und Bus). Dafür trete ich auch in der Bodensee-Parlamentarier-Kommission ein. Der Staatsstraßenbau ist in Bayern total vernachlässigt. Deshalb fordere ich dringend notwendige Sanierungen und den Ausbau notwendiger Umgehungsstraßen, um nicht durch jahrelange Verzögerungen gemeindliche Entwicklung zu behindern (Heimenkirch). Weiterhin werde ich dafür kämpfen, dass den Kommunen zugesagte Finanzmittel zeitnah ausgezahlt werden und übertragene Pflichtaufgaben in der gesetzmäßig festgelegten Höhe (z.B. für Schulbus 80% statt der ausgezahlten 60%) bezahlt werden. Auch im oberen Landkreis soll ein L-Punkt errichtet werden.


Die Bahn AG will mit Ihren Zügen nicht mehr auf die Insel fahren. Wie helfen Sie der Stadt Lindau?

Ich werde auch weiterhin für den Inselbahnhof eintreten. Des weiteren ist jetzt zu entscheiden, wie die Restflächen des Inselbahnhofs bezüglich der Altlasten zu behandeln sind – wer zahlt die Sanierung? Falls der Bahnhof tatsächlich verlegt wird, muss eine attraktive ÖPNV Anbindung von allen drei Richtungen (Kempten, Friedrichshafen und Bregenz) zur Insel geschaffen werden.


Die Obstbauern am bayerischen Bodensee fürchten den Feuerbrand und hoffen deshalb auf Plantomycin, andere Menschen haben Angst vor Antibiotikum in der Nahrung. Wie stehen Sie zu diesem Problem?

Speziell hier gilt es, die jeweils berechtigten, aber gegensätzlichen Vorstellungen zu befriedigen. Ich habe mich stark dafür eingesetzt, Lösungsmöglichkeiten zu finden. Dies ist gelungen. Die auf 5 Jahre befristete, stark kontrollierte und begrenzte Anwendungsmöglichkeit von Plantomycin kann die Existenz der Obstbauern sichern helfen und schafft andererseits Zeit, Alternativen zu suchen. Die Einbeziehung der Imker durch rechtzeitige Information vor Spritzaktionen und die kostenfreie Kontrolle und gegebenenfalls auch Entsorgung des Honigs bietet den Imkern und den Verbrauchern den notwendigen Schutz. Weiter plädiere ich für noch mehr Aufklärung in der Bevölkerung, damit die „Wirtspflanzen“, die das Überleben des Feuerbrandes begünstigen, weder an Straßen noch in Privatgärten gepflanzt werden. Wo notwendig, weil Pflanzen bereits befallen sind, muss schnell gerodet werden dürfen, wie dies in anderen Ländern üblich ist.


Wie sehen Sie sich als Abgeordnete im Widerstreit zwischen dem eigenen Gewissen und der Fraktionsdisziplin?

Ich sehe hier kein Problem. Denn in unserer Fraktion ist bei einer tatsächlichen Gewissensentscheidung natürlich keiner an eine Fraktionsdisziplin gebunden. Allerdings wird zu Recht erwartet, ein abweichendes Stimmverhalten vorher in der Fraktion bekannt zu geben, auch, um nicht im Plenum durch unterschiedliche Abstimmungen überrascht zu werden. So besteht die Möglichkeit, die Problematik nochmals ausführlich zu diskutieren. Sanktionen oder dergleichen sind nicht zu erwarten und ein Maulkorb wird niemandem angelegt.


Sollten auch im Landkreis Lindau Ganztagsschulen eingerichtet werden?

Ja, in jedem Landkreis sollten, dem Bedarf entsprechend, Ganztagsschulen und Ganztagsbetreuung angeboten werden.


Wie soll die Kindergarten-Förderung künftig aussehen?

Nachdem auch durch wissenschaftliche Studien belegt ist, dass gerade das Alter von drei bis sieben Jahren bildungsmäßig entscheiden ist, muss hier entsprechend angesetzt werden. Ausschlaggebend ist die pädagogische Qualität, daran muss sich die Kindergarten-Förderung ausrichten und nicht am Geld. Wir schlagen einen Grundbetrag plus einem Festbetrag nach Öffnungszeit vor, ergänzt durch Honorierung erbrachter, pädagogischer Leistungen. Bei dem von der Staatsregierung angedachten Modell ist zu befürchten, dass die Qualität nicht gesteigert, sondern reduziert wird. Der bürokratische Aufwand wird gewaltig aufgebläht und Erzieherinnen hätten keinerlei Arbeitsplatzsicherung mehr. Im Mittelpunkt steht hier alles andere, nur nicht das Kindeswohl.


Wie kann der Freistaat die Finanznot der Kommunen lindern?

Wir konnten den Bund davon überzeugen, dass die Kommunen jetzt Hilfe brauchen und wir erreichten, dass ihnen die Hochwasserhilfe erlassen wurde. Gleiches verlangen wir von der Staatsregierung mit dem Erlass des Solidaritätsbeitrages Ost. Unsere weiteren Forderungen sind eigentliche Selbstverständlichkeiten, jedoch leider nicht in Bayern: Wir wollen die zeitnahe Auszahlung von zugesagten und fälligen Zuschüssen, vor allem keine nachträglichen Kürzungen von Zuschüsse, wie dies leider in Bayern immer wieder geschieht; volle bzw. vereinbarte Höhe bei übertragenen Aufgaben, die Kosten für Mittagsbetreuung, Computerausstattung usw. dürfen nicht, wie bisher, den Kommunen aufgebürdet werden.


Wo sehen Sie die Region Lindau in 20 Jahren?

Da die Region sich bereits gut platziert hat, sehe ich auch für die Zukunft die besten Chancen, sich touristisch und industriell attraktiv zu präsentieren – als Musterregion für umweltverträglichen Tourismus ebenso wie für zukunftsweisende Gewerbeansiedlung. Ganz speziell muss in dieser wunderschönen Landschaft der Flächenverbrauch massiv eingeschränkt werden. Lindau ist als Treffpunkt für Nobelpreisträger der verschiedenen Sparten ebenso auszubauen wie die „lernende Region“.




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